Die Hauptkonfession Katholizismus wurde im 16. Jh. im Memelland durch Protestantismus ersetzt. Die Reformation machte ihren Einfluss nicht nur auf das gesamte Leben des Herzogtums, sondern auch auf benachbartes Litauen. Man vergisst oft, dass Martinus Masvidius (Martynas Mažvydas), Autor des ersten Buches in litauischer Sprache, auch evangelisch lutherisch war und Christian Donalitius (Kristijonas Donelaitis, Verfasser des ersten Buches der schöngeistigen Literatur in der litauischen Sprache) war Pfarrer einer lutherischen Gemeinde. Folgend dem Gedanken der Reformation, dass man die Bibel in der Muttersprache lesen sollte, wurde der Gottesdienst in Preußisch Litauen litauisch gehalten, somit auch Lese- und Schreibfähigkeit gefördert. Abgesehen von der evangelisch-lutherischen Kirche, der Hauptkonfession des Landes, wurden auch andere Gemeinden im Laufe der Zeit in Preußen gegründet: evangelisch reformierte, englische, Baptistengemeinde.
Kirchen in typisch deutscher Bauweise zu bauen. Solche Kirchen wurden großzügiger von der Regierung finanziert. Aus diesem Grund nannte man solche Kirchen Jubiläumskirchen. Der Bauprozess solcher Kirchen wurde von einer Sonderkommission begleitet, um nicht nur den Verbrauch der Geldmittel, sondern auch das Umsetzen architektonischer Anforderungen zu kontrollieren. An den Kirchen wurden meistens Schulen gegründet, in manchen Fällen auch Waisenhäuser. Im 17. und 18. Jh. war es den Pfarrern erlaubt, mit Alkohol zu handeln, Hopfen und Tabak anzupflanzen und Kartschemen zu betreiben, die nicht nur als eine Art Unterhaltungshäuser, sondern auch als Räumlichkeiten für Versammlungen und Predigten dienten. Obwohl das Gebiet protestantisch geprägt war, gab es hier auch Katholiken. König Friedrich I. genehmigte 1702 den Franziskanern aus Crottingen (Kretinga), das damals zum Litauisch-Polnischen Reich gehörte, kranke Katholiken im Kreis Memel zu besuchen, um die letzte Salbung für sie zu ermöglichen. Bis 1945 wurden acht katholische Kirchen und Kapellen in verschiedenen Dörfern des Memelgebiets gebaut. Nach dem vernichtenden 2. Weltkrieg veränderte sich das Leben grundsätzlich. Zu den fatalen Folgen des Kriegs zählt auch die Vernichtung der Kirchen. Hohe Kirchentürme waren hervorragende Ziele für die Artillerie. Die Gebäude wurden durch Bomben und von fremden Soldaten beschädigt. Die Kirchen wurden ausgeraubt, vieles wurde vernichtet. Das Schicksal vieler Sachgüter sowie Sakralgefäße ist nicht bekannt. Beschädigte Gebäude wurden in der Nachkriegszeit weiter vernichtet, sie wurden als Lagerhallen, Fabriken, Mühlen, Sport- oder Kinosäle genutzt. Aufgrund der damaligen Politik wurde auch ein Teil von den Kirchen abgerissen, die den Zweiten Weltkrieg überstanden hatten. Die Ausstellung über die Kirchen im Memelland ist die erste virtuelle Ausstellung, die aus dem Material des AdM Archivs vorbereitet wurde. Manche Kirchen gehörten zu den Kirchenkreisen Tilsit oder Ragnit. Mit der Zeit änderte sich die Zuständigkeit / Zugehörigkeit mancher Kirchen. Diese Ausstellung basiert auf der amtlicher Einteilung 1900. Obwohl im Mittelpunkt dieser Ausstellung die Historie der evangelisch-lutherischen Kirchen stehen, werden auch katholische, Baptisten- und Apostelkirchen berücksichtigt.
Schriftliche Quellen:
Mažosios Lietuvos kultūros paveldas. – V., 2006 A. Juška. Mažosios Lietuvos bažnyčia. – Klaipėda, 1997 R. V. Lingys. Prostestantizmo paveldas Lietuvoje. – Vilnius, 2013 Mažosios Lietuvos enciklopedija. T. 1–4 W. Hubatsch. Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreussens. II – Bilder ostpreussischer Kirchen. – Göttingen, 1968Vorbereitung der Ausstellung: Viktorija Karalienė;
Abteilung für Heimatkunde und Digitalisierung
Aus dem Litauischen von: Rasa Miuller
Web Gestaltung: Marius Apulskis